LYRICSBUCHSATIREALLERLEIL ́ART POUR...HALBSTARK

TEXTS - SATIRE ALLERLEI

FREIE RADIKALE

Ab einem sogenannten „gewissen alter“ teilt sich die gesellschaft in mehrere, strikt voneinander getrennte soziale gruppen, was ihren umgang mit beziehungen angeht.

Da sind die mountainbikenden karrierebezogenen junggesellen reinen wassers, die am besten wege sind, hagestolze zu werden.

Da gibt es die ehepaare, die immer noch zusammen sind, aus feigheit, materialismus, sicherheitsdenken, wegen der kinder und aus gewohnheit.
Unter ihnen findet sich sehr häufig die konstruktion – verheirateter junggeselle plus oberglucke. Man ahnt, dass das längst schiefgegangen sein muß, sie fordert, klammert, nörgelt und findet sich von der welt und vom schicksal vernachlässigt, während er durch physische, mentale und emotionale abwesenheit glänzt.

Der verheiratete junggeselle unterscheidet sich vom echten, lupenreinen dadurch, dass er hin und wieder an einkaufstouren durchs shoppingcenter teilnimmt, dass er familienfesten nur bedingt ausweichen kann und dass er einmal jährlich mit der angetrauten auf urlaub fahren muß, wo die abgründe und klüfte zwischen ihnen noch deutlicher hervortreten, da sie den ganzen tag gezwungenermaßen aufeinanderkleben.
Ansonsten führt er ein ähnliches leben wie sein fundamentalistischer kollege.

Und dann gibt es noch ein winzig kleines grüppchen, statistisch irrelevant und doch hoffnungsträger in sachen paarbeziehung, das sind die glücklich vermählten, die es auch zu bleiben gedenken.
Zumeist haben diese leutchen ein schönes zuhause, einen blühenden garten, sommerliche grillfeste mit freunden, gelungene kinder, nette, zurückhaltende eltern und später entzückende enkelkinder.
Ihre rosen sind ohne mehltau, die wühlmäuse wühlen beim geschiedenen nachbarn und sie selbst sind strahlend und kerngesund.
Taucht einmal eine minikrise auf, so wird sie bravourös gemeistert und später blicken beide lächelnd darauf zurück.

„Schau, es geht ja doch!“ sagen neidische beobachter solchen glücks, -„aber wer weiß, wie lang….“


Und dann haben wir da noch die gefährliche und von der unglücklich gebundenen weiblichkeit gefürchtete gruppe der „freien radikalen“.
(merke: „freie radikale“ sind ein begriff aus der kosmetikbranche . damit werden zellen bezeichnet, die ungebunden, aber hochbindungswillig herumschwirren und den gesamten betrieb empfindlich stören.)
die freien radikalen sind weiblich, ledig oder geschieden, meist geschieden, sie sind geistreich, erfolgreich, attraktiv und sie gedenken nicht, ihr leben in einsamkeit zu beenden.
D.h., sie sind auf ständiger suche nach dem „richtigen“.

Wo wird der zu finden sein?
Sicher nicht unter den eingefleischten männlichen singles, denen beziehungen zu „stressig“ sind, wenn sie über eine nacht hinausgehen.
Männliche singles suchen ihr heil lieber im sport, sind beruflich top,
(kein wunder, sie können ganze wochenenden durcharbeiten, ohne dass im hintergrund wer quengelt), aber privat sind sie wandelnde katastrophen.

Die freien radikalen interessieren sich nicht dafür, ob der grund der weiblichkeitsphobie  dominante mütter oder verflossene klammeräffinnen waren.
Die überzeugten männlichen singles sind einfach von der liste gestrichen.

Witwer gibt es nur mehr äußerst selten, sind doch die einmal angetrauten frauen von nicht kleinzukriegender vitalität, überleben den gespons um jahrzehnte und bevölkern mit silbergrauem einheitsdauerwellkopf die sonntäglichen autobusse.
(Die zeiten, da "mann" sich sicher sein konnte, dass er in folge von kindbettfieber u.ä. heimsuchungen der weiblichen welt, die serielle monogamie praktizieren konnte, sind seit robert koch vorbei)
Witwer sind also auch zu streichen, und wenn schon einmal einer auftaucht, hat man sich zu fragen, ob er nicht ein blaubart ist und man das nächste opfer wäre.

Die männer aus den wonne-paaren scheiden schon deshalb aus, weil sie notorisch treu sind, und wenn sie tatsächlich einmal ausrutschen, hat das furchtbare reue ihrerseits zur folge und schweißt sie mit dem geliebten eheweib umso mehr zusammen.
Der fehltritt wird dann von beiden teilen nur als teufelswerk einer hexe angesehen, die den armen in die falle gelockt hat.
Fortan kann kein freies radikales mehr heran, das paar gleicht philemon und baucis.


Also, was bleibt?
Natürlich die schlecht verheirateten!
Die unglücklichen, unverstandenen, die nicht mehr geschätzten, sexabstinenten, die hungrigen, durstigen, die als ehelicher besitz gehalten werden!
Sie haben ja nur aus einer zeitweisen geistigen verwirrung heraus geheiratet seinerzeit und bezahlen nun lebenslang mit kerker und joch.
Sie werden verwaltet, kommandiert, gegängelt und kontrolliert.
Und was sie wollen, ist freiheit, schöne frauen und eine harly davidson.

Die freien radikalen sind demzufolge die feindikonen der schlecht verheirateten frauen, die ihren angetrauten nur durch tod zu verlieren gedenken, auch wenn er ihnen nur mehr auf die nerven geht.

Wenn also ein solches radikales element mit fitnessclub-gestylter figur und offenem haar durch den vorgarten der legalen beziehung bricht, laufen die telefone heiß und alle noch-ehefrauen, die niemals freundinnen waren, solidarisieren sich und formen ad hoc ein kampfbattaillon zur aufrechterhaltung des ehestands.
Das wär doch gelacht, wenn wir den burli nicht zur räson brächten, - was – glücklich will er sein? Der soll froh sein, dass er atmen darf!

Das läuft auf krieg hinaus!
Der arme tropf, dem das diva-parfum der versuchung direkt ins stammhirn gedrungen ist und von dort in andere körperregionen, wird von der ehefrauen-company an den pranger gestellt als familienmeuchler, während es ihn machtvoll seiner nase nach ins verderben zieht.

Die schöne geliebte zieht zu allem unglück auch noch andere gleichgeartete männer an, seine eifersucht heizt ihn an, überdröhnt den rachegesang der ordnungshüterinnen.
Sein neues territorium will verteidigt sein.

Aber wie soll er das schaffen?
Die nächtelangen ehelichen diskussionen rauben ihm die kraft, seine angetraute macht ihm ein so schlechtes gewissen wie nur möglich
(-jetzt, wo ich älter werde, lässt du mich hängen, und wer hat deine kinder aufgezogen und deine bösartige mutter gepflegt???)
Er ist ein schwein, das ist klar.

Und dann die macht des zweifels, - glaubst du wirklich, dass du bei der der einzige bist, schau´s an das aufreizende flitscherl, die hat doch an jeder ecke vom tennisplatz so einen trottel wie dich hocken, der ihr hinterherhechelt!
Du bist wieder einmal der blöde!
Die lässt dich doch fallen wie eine heiße kartoffel und dann, wenn du alt und krank bist, kannst du schauen, wo du bleibst, ich pfleg dich dann sicher nicht!

So nagen den rest der nacht die giftworte an seinem herzen, während die ehefrau den schlaf der gerechten schnarcht.
Er wälzt sich herum, bis es hell wird und als er beim rasieren in den spiegel starrt,
ist er fahl und zerfurcht, eine bröckelnde ruine!
Wenn „sie“ ihn so sieht!

Er sagt das treffen mit miß liberty ab.
Das verärgert dieselbe aber imens.
Ist ja toll, der sagt das treffen ab, was glaubt der eigentlich?
Vorgestern seufzt er mir noch die ohren voll, -sowas hätte er noch nie erlebt in seinem ganzen leben, nie, nie, nie!

Und sie überlegt sich, ob es klug ist, so eingleisig zu fahren!

Und so kriegt sie recht, die ehefrau, die nachts gift in seine ohren träufelt.

Ihre neuen verbündeten spionieren freiwillig am tennisplatz ( - na, was die wieder ang´habt hat, - da ist´s ja kein wunder, das die dummen mandln anspringen! - wenn unsereins sich so herrichten tät…..)

Sie spionieren aus sensationslust und aus angst vor der vorbildwirkung ( - dann kommt mein herbert auch noch auf blöde gedanken, so weit kommt´s noch!)
Und alle sind sich einig:
Am karli wird ein exempel statuiert, dann überlegen sich´s die anderen, ob sie sich das antun wollen!
Wegen „so einer“!

Miß liberty spürt natürlich, was sich da zusammenbraut, sie und ihre freundinnen
(-auch um nichts besser-) sehen sich einer feindseligen meute gegenüber.
Das tennisspielen wird zur mutprobe, der karli soll endlich farbe bekennen, seine alte kommt neuerdings sogar auf den tennisplatz zuschauen und busselt ihn demonstrativ ab nach dem match: „super hast wieder g´spielt schatzi!“ und wirft ihr einen triumphierenden blick zu: -„das werma ja sehen, wem der g´hört!“

Der Karli windet sich am arm seiner dickeren hälfte und muß ohnmächtig zusehen, wie die angebetete ins cabrio von diesem angeberischen volltrottel schlüpft, der ihn vorgestern mit nichts als glück im single geschlagen hat!
Sie ist wütend.
Das muß sie sich nicht gefallen lassen, der soll endlich sagen, was sache ist, diese klette soll wissen, dass sie das spiel verloren hat!

Aber die ehefrau, so wenig sie ihn liebt, zieht alle register, spannt die kinder ein in den kampf, geht zur kosmetikerin, zum friseur, kauft sich teure designermode.
Er kennt die antworten, würde er den mund aufmachen.
Sie fährt auf urlaub, kommt überraschend früher zurück, aber so blöd ist er auch wieder nicht, miß l. gleich ins freigewordene ehebett zu zerren.
Als nächstes wird die ehefrau krank, kein wunder bei alledem, was er ihr antut.
Er muß sie pflegen, anstatt zu heißersehnten dates zu fahren, will er nicht ans moralische kreuz genagelt werden.

Er erwischt seine minderjährige tochter im kellerpartyraum in heftiger umklammerung eines zotteligen, spindeldürren typen und als er sich aufregen will, heizt sich der in seinem nichtraucherhaus eine an und das rotzmensch sagt zum vater –„schau lieber dich an mit deiner nutte!“

Er ist mundtot und fällt in düstere stimmung, sperrt sich mit seinen modellautos ein und denkt : scheißfamilie!
Er poliert zärtlich sein alphamodell und spontan beschließt er, einen kredit aufzunehmen und sich das gute stück in originalgröße zu holen!
(ha, der blöde cabriofahrer wird schauen und erst seine süße!)
er lebt schließlich nicht ewig und bis die familie ihm was vergönnt, ist er alt und schimmlig!

Und das nächste mal fährt er mit dezent gurgelnden motoren am tennisplatz ein, nobles understatement, alle schauen auf, die spioninnen kneifen augen und mund zusammen, die handies im anschlag.

Er lächelt unter seiner ray ban-brille, die wirkung bleibt nicht aus, miß liberty schmollt nicht mehr und nähert sich.
Er lässt seinen braunen tennisarm lässig heraushängen und sagt: „spritztour, schatzimaus?“
Die schatzimaus, die ja auch nicht erst seit gestern auf der welt ist, begreift, dass der alpha eine ovation an sie ist und springt hurtig auf den beifahrersitz, weißes leder, es pickt ein bißl bei der hitze, aber schön ist es, und als das skandalpaar glücklich davonröhrt, werden die handies gezückt: -„was, das hast du gar nicht gewusst, dass er sich einen  sportwagen gekauft hat? Du arme…..“

Der karli und die schatzimaus sind glücklich, sie denkt, so übel ist er gar nicht und er ist sowieso im 7.himmel, traumfrau und traumauto auf einmal!

Inzwischen ruht aber die ehefrau nicht und als der karli nach der traumspritztour und vielen versprechungen seinerseits nach haus kommt, fährt sie das nächste geschütz auf.
Eheberatung.
Der termin ist bereits gemacht. Und soll er sich nur trauen, seine wertvolle ehe etwa nicht retten zu wollen.
Also stiefelt er brav, wiewohl widerwillig mit.
Der supervisor ist weiblich, verlassen, geschieden, aber vollkommen professionell und objektiv.
Dass er bei jedem aber, das er auf die 1000 vorwürfe der ehefrau erwidern will, vom supervisor ganz sachlich eine aufs maul kriegt, hat nur damit zu tun, dass er zu 1500% an allem schuld ist.

Nachher sind alle dinge zurechtgerückt, es ist völlig klar, was er zu tun hat, - diese schlampe nämlich zu verlassen, seinen depperten alpha zu verkaufen, vom erlös ein neues schlafzimmer zu erstehen, in das er dann untertänigst winselnd zu kriechen hat.

So wurde es in der eheberatung beschlossen.

Nur.
So einfach ist es nicht.
Er weiß, dass er nur ein funktionierender haushaltsgegenstand ist, der an hohen feiertagen zur demonstration familiärer integrität hergezeigt wird.
Und er weiß, dass er den sex-des-jahrhunderts, den er mit miß liberty hat und den er für liebe hält, nicht gegen die lauwarme, passive umarmung seiner noch-ehefrau eintauschen will.

Der kampf wird hart, zermürbend und raubt ihm fast alles, was er hat.
Auch den alpha.
Mit dem fährt jetzt seine ex.

Gottseidank ist miß liberty nicht nur ein wahnsinnsweib, sondern auch ein wenig gutmütig.
Und so macht es ihr nicht viel aus, dass er mit einer einzigen roten rose in bloßen händen vor ihr steht.
Das hat was rührendes.
Sie hat ihn also trotzdem gern und gedenkt ihn zu behalten.
Und da sie nicht schlecht verdient, zahlt sie die flitterwochen nach bali!

 


 

SAUNARITUALE

Einem wie mir, der mehr als ein Vierteljahrhundert allwöchentlich in die Sauna pilgert,  um im Genuß des Schwitzens zu kommen, ist nichts, aber auch gar nichts fremd, was dort geschieht.

Ich bevorzuge die reine Damensauna, weil die lauthals sich mit dem klatschnassen Badetuch produzierende Männlichkeit meiner Entspannung abträglich ist.

Besonders, wenn sie - körperlich abstoßend bis peinlich – das völlige Fehlen männlicher Schönheit mit herausforderndem Selbstbewußtsein wettzumachen sucht.
So einer tritt ins Schwitzkammerl mit dem Habitus: „göl, da schaust!“ und trachtet nicht im geringsten danach, die körperlichen Manki zu verdecken , wie das etwa weibliche Saunagäste schamhaft täten.
Im Gegenteil: seine Körpersprache heißt:“Was für ein Mannsbild! Das hättets net erwartet, ha?“ und schaut sich gleich um, welche weiblichen Wesen seinem Anspruch genügen könnten, sofern jung genug und Figur in Ordnung.
„Gemma, Karli, des sull a Aufguß sein? Drah ma aufi auf 120, mia is kolt!“
Der unwiderstehliche Charme eines wamperten Nachbarn als Draufgabe: „Der Gnädigsten is z´haß, her auf, Karli, s´langt scho! Mia wulln jo net, dass so fesche Ladies ohnmächtig wern!“
Im Falle einer Ohnmacht trägt er sein schlüpfriges Angebot vor, die Bewusstlose hinauszuschleppen ins Kühlere.
Bloß bei Sinnen bleiben!

Anders in der Sauna der Fitnesstudios, wo nur junge Götter wortlos einherschreiten, sich jedes einzelnen Muskels in jeder Sekunde bewusst…..lauter Narzisse, fehlerfrei, makellos, selbstbezogen und schweigsam.
Baucheinziehen unter der Dusche, so weit kommts noch!

Nein, „gemischt“ mag ichs zwar sonst, aber nicht in diesem heiligen Tempel der Reinigung.
Männerfeindlich? In der Sauna – ja!

Aber auch frauenfeindlich.
Dann, wenn sich die rein weibliche Unterhaltung in der Aufgußkammer um die essentiellen Dinge des Daseins dreht.
„Bei wem hastn du dein Hallux operieren lassen?“ „Beim Radl!“ „Der is sowieso da Beste! I gingat ah nur zu dem!“ Stimme aus der dritten Reihe: „Die Frau Müller hat er aber komplett verhaut!“
„Na, also bei mir war er fantastisch, hat sogar am Wochenend Visit gmacht…“
„Ja, aber die Frau Müller….“
Die Miesmacherin wird abgewürgt. Der Radl ist ein Gott, den trau sich einer angreifen, die Erynnien aus der Sauna zerfleischen ihn. Bzw. sie.

„Wie geht’s n dem Knie von Ihrm Mann? Scho besser?“
Bevor der werte Zuhörer wegen allzu großer Spannung ein  Valiium nehmen muß, unterbrechen wir an dieser Stelle.

Wir wechseln zu den Luxusurlauben: „In Dubai wars diesmal so überfüllt, dort fahr ma net mehr hin, hat mei Mann gsagt!“
„Also bei uns wars no super, wir warn im Palace, 5 Stern, des is halt a Service…“

Du, wann fliegtsn ihr nach Cancun?“ Die solcherart wie von einem guten Moderator Angesprochene schnurrt aufs Stichwort ihr ganzes Reiseprogramm herunter, sodass einige grün vor Neid werden.
Die Fragerin kann sicher sein, dass die Gefragte ihr das nächste Mal auch den Ball zuwerfen wird, damit alle dann andächtig IHREN Schilderungen lauschen müssen.
Eine Hand wäscht schließlich die andere…

Zwischendurch zum Beweis hausfraulicher Qualitäten frei hergebetete Kuchenrezepte. Oder die genaue Schilderung der Schweinzsulzherstellung, wo man nur die vorderen Schwartln nehmen kann, alles andere wäre ein hoffnungsloser Verhau!
Eine ganz dünne, junge Saunateilnehmerin, die sich bescheiden ins oberste Eck gedrückt hat, wird graugrün und droht herunterzufallen. Ich vermute, sie ist Vegetarierin oder gar Vegan und ihr ist bei der eingehenden Sulzschilderung kotzübel geworden.

„Mei, die Frau Elfi is so schlank! Sie ham abgnommen, gel?“ mit diesem dreist gelogenen Kompliment kann man der Frau Elfi Glück bis weit nach der Sauna schenken. Anderntags wird es noch ein Lächeln auf ihr feistes Gesicht zaubern.
Sie hat zwar keinen Deka abgenommen, aber wenn die anderen sie für schlank halten? Das ist doch die Hauptsache.

Die Damensauna wird zu 88 % vom Mittelalter regiert.
Das Mittelalter hat Speckpolster auf Hüften und Bauch, Orangenhaut, Hängebusen, sogenannte „Goder“ und dergleichen figürliche Specials.
Verirrt sich einmal ein junges, schön gebautes Mädchen hierher, wird es von missgünstigen Blicken so lange gelöchert, bis es in die Vorschwitzkammer flüchtet.
Kaum ist das geschehen, kommen Sprücherln wie: „SO schlank war ma mit 20 a!“ Oder: „So dünn is aba nimma schön! Also die Männer mögn kane so dürren Graten!“

Dann gibt es noch 11,5 % Jungmütter, die  stundenlang über die Schule ihrer Kinder reden können. Haarklein wird der letzte Geografietest nacherzählt, den der Sprössling verklopft hat, weil die Lehrerin einfach zu blöd ist, die Fragen so zu formulieren, dass der Tropf sie versteht.
„Dabei hat er am Abend noch alles können, sag ich dir! Alles!“
Na, die kann was erleben am nächsten Elternabend! Dann wird noch einmal der Schikurs durchgenommen. Ich gähne halblaut und provokant. Aus Sauerstoffmangel, weil die uns hier die letzten O-Atome wegreden.


Beim Aufguß gibt es Hohepriesterinnen, die mit der Fahne agieren, es wäre sie ein magischer Gegenstand.
Da gibt es die Wilden, die herumwacheln, als ob´s einen Preis für orkanartige Luftbewegung gäbe.

Dann gibt es die Sanften, die dich mit der warmen Luft streicheln.
Das wäre ja sehr angenehm. Leider haben genau die Sanften einen Hang zu süßen Düften wie Passionsfrucht, Mango oder das gefürchtete Johannisbeer-Grapefruit!

Die Gesundheitsfanatiker verwenden nur Ginseng, ja an manchen Saunatagen wird überhaupt nichts anderes geduldet! Kommt eine Nichtsahnende mit einem nicht zulässigen anderen Duft und will der Gemeinde was Gutes tun, kann sie von Glück sagen, nicht gesteinigt zu werden!
Und schon gießt die amtierende Aufgießerin wieder den heiligen Ginseng auf, den ihr Schwager, der Aua-Pilot, immer aus China für sie heranschafft!
Und schon sind alle wieder im 7.Himmel und es riecht allerorts wie nach der Pasta Plumbi meiner Jugend, die einem bei wehem Knie oder Entzündungen warm aufgelegt wurde!

Weiters gibt’s noch die Strengen, die  kein Wörtchen der gemurmelten Unterhaltung zulassen! – Mittlerweile werde ich zur Sympathisantin dieser Richtung, weil es mein Aggressionspotential herunterschraubt, wenn ich nicht zwangsunterhalten werde.
Manchmal helfen nur beredte Blicke unter Freundinnen, um nicht zum Misanthropen oder zum Amokläufer zu mutieren.

Da wäre noch das Kapitel Ruheraum, der seinen Namen wer weiß woher hat!
Wo man sich zum Beispiel in gut vernehmlicher Bühnenlautstärke anhören kann, dass die Tochter von der–und–der schon wieder geschieden sei, na, kein Wunder, das hat man eh gleich gewusst, dass das schiefgeht!
Und man habe gestern die halbe Nacht nicht schlafen können. „Du, es war Vollmond gestern!“ „Aso, es war Vollmond? Ah deswegen!“
Eine besonders laute Dame schreit in mein Dösen hinein: „Stell dir vor, mei HNO hat gsagt, ich brauch jetzt ein zweites Hörgerät!“  Herr-im-Himmel, ich schreib ein Bittgesuch an die Krankenkassa!

Im Büffet residiert ein äußerst netter, ruhiger Ober. Wenn wir kommen, macht er nur die fragende Handbewegung, die zwei bedeutet, wir nicken und er bringt uns zwei kühle „Blonde“…
An manchen Saunatagen wird er vom Schicksal besonders hart geprüft. Mittelalterliche Damenrunden, die ein Rundenmitglied feiern, weil es Geburtstag hat oder Oma geworden ist, sind eine Zerreißprobe für Männernerven. Schrilles Gelächter, ein reiner Hexensabbat!
Da wird schon einmal die 90 Dezibelgrenze erreicht!

Wir entrinnen nach einem mitleidigen Blick auf den Märtyrer dem bunten Treiben und stoßen bei den Duschen wieder auf jene Saunistin, die bei jedem ihrer häufigen Besuche hier die ganze pflegerische Aufmerksamkeit ihren Ellenbogen widmet.
Ich habe nicht gewusst, dass Ellenbogen so wichtig sind, bis ich sie traf! Stundenlang wird  da geschrubbt, gepeelt und mit Olivenöl massiert.
Andere müde Gestalten versuchen ihrer schon etwas in Falten gelegten Körperhaut mit mitgebrachtem Kaffeesud, den sie zuvor tagelang gesammelt haben, den Frischekick zu geben. Ich konnte allerdings keinen nennenswerten Unterschied erkennen, nur jenen, dass die Dusche versaut war und ein unangenehmer Geruch zurückblieb.

Es gäbe noch viel Sonderbares zu erzählen. Aber was soll man sagen? Wir gehen nun mal gern in „unsere“ Sauna.
Und besser als die männerdominierte Variante ist sie allemal. Denn hier hört man wenigstens nicht den Schlachtruf: “Schnapsaufguuuuuuuuuuuußßßßßßßßßßßß!“